Es war irgendwie klar und hat mich trotzdem eiskalt erwischt: Als die ARD gestern Abend zur Prime-Time live in ihr Wahlstudio nach Erfurt schaltete und der rechtsextreme AfD-Politiker Björn Höcke als erster Spitzenkandidat mit den Worten "Herr Höcke, Sie sind stärkste Kraft geworden" angesprochen wurde, ist mir schlecht geworden.

Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen

Das Übelkeit erregende Gefühl, das den ganzen Tag über schon in meiner Magengegend gelauert hatte, ließ sich jetzt nicht mehr verdrängen. Ein Gefühl, hinter dem bei genauerem Hinsehen vor allem Angst steckt.

Angst vor dem, was jetzt kommt.

Angst davor, dass dies der Tag ist, auf den ich in ein paar Jahren zurückblicke und sage: "Damit hat es angefangen."

Angst vor einem gesichert rechtsextremen Mann, der mit frecher Selbstverständlichkeit in der Tagesschau auftritt und knapp sieben Millionen Zuschauer*innen verkündet: "Wer stabile Verhältnisse in Thüringen will, der muss die AfD mitnehmen."

Was bleibt außer Angst? 

Diesem ekligen Gefühl der Angst um meine, um unsere Zukunft in Deutschland, habe ich auch einen Tag später nichts entgegenzusetzen. Eine Nacht darüber schlafen, aufrappeln und weitermachen geht nicht mehr so leicht.

  • In zwei deutschen Bundesländern wählten über 30 Prozent der Menschen die AfD.
  • Zum ersten Mal seit 1945 wurde eine rechtsextreme Partei stärkste Kraft bei einer Landtagswahl in Deutschland.
  • Björn Höcke will Ministerpräsident werden.

Das sind Fakten, die sich nicht schönreden lassen. Schon vor gut einem Jahr sagte der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung:

"Ich warne davor, die Wahl der AfD noch als Protest zu begreifen. Die Wählerinnen und Wähler wollen diese Partei. Darin besteht der Ernst der Lage."

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Jetzt ist die Lage wirklich ernst, gefährlich ernst. "Der Schaden ist angerichtet", sagte auch Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern gestern Abend.

Auf der Suche nach einem Hoffnungsschimmer habe ich mich heute schon durch viele Artikel rund um die Landtagswahlen gewühlt und bin doch immer wieder resigniert in meinen Bürostuhl zurückgesunken. Es sieht düster aus.

Jetzt gilt es erstmal, das auszuhalten. Auszuhalten, dass ich keine Lösung sehe. Auszuhalten, dass Rechtsextremismus in Deutschland immer noch und wieder eine große Rolle spielt. Auszuhalten, dass ich mich hoffnungslos fühle und im Moment nichts dagegen tun kann.

"Gefühle kommen und gehen", sagte ich meinem dreijährigen Sohn immer wieder, wenn er wütend oder frustriert ist, sich weh getan hat – und dass es okay ist, sich auch mal schlecht zu fühlen. Das gilt genau so für uns Erwachsene. Die Frage ist nur, wann wird es wieder besser? Und wie?

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Michael.Hoffma… am So, 15.09.2024 - 10:13 Link

Liebe Larissa,
in unserer Gemeinschaft kommt mit der Bezug auf Jesus zu kurz. Das heist, angewendet auf die AfD:
Wie hätte Jesus gehandelt im Umgang mit der AfD?
Wie ist er mit den Zöllnern umgegange und mit anderen von "der Gesellschaft" geächteten, mit Außenseitern?
LG, Michael.
PS: Es gibt einen wunderbaren Artikel von Anselm Grün, den habe ich aus Ihrem Hause erhalten. Darin beschäftigt sich Pater Anselm mit der Bergpredigt, und was diese für den Umgang mit Andersdenkenden empfiehlt....

Florian Meier am Di, 24.09.2024 - 02:01 Link

Die AfD ist in Thüringen eben nicht armer Außenseiter sondern Mainstream und der Vergleich mit den Zöllnern, die zwar unbeliebt und vielleicht auch gelegentlich korrupt aber Diener der bestehenden Ordnung waren, hinkt auch etwas. Die Frage wie Jesus mit AfD-Leuten umgegangen wäre ist nicht trivial, weil Vergleichbares in der Bibel kaum vorkommt, denn sowohl Nationalismus als auch Liberalismus im modernen Sinn waren noch nicht erfunden. Tendenziell hat er sich aber nicht in die große Politik eingemischt sondern eher die individuelle Begegnung (ein sehr moderner Zugang) gesucht und konkrete Handlungen betrachtet. Allerdings ist nicht überliefert, dass er besondere Affinität zu Krawallgesprächen hatte und so hätte er die Hardcorefans vielleicht sogar ignoriert. Die ruhigeren Anhänger wie Gegner hätte er wohl mit ihren inneren Widersprüchen konfrontiert, denn das geschieht im Rahmen hitziger Diskussionen häufig in der Bibel.

Florian Meier am Di, 03.09.2024 - 23:56 Link

Wieso Entsetzen? Wieso Angst, dass das der Anfang von was genau ist? Ich finde diesen medialen Daueralarm unangemessen, der immer schon die Apokalypse herbeischreibt, wenn wir gerade erst in Sodom angekommen sind. Da kann noch viel passieren wie der Blick nach Ost und West zeigt. Ja, für Thüringen schaut es finster hinterm Großen Finsterberg aus, aber doch nicht erst seit gestern. Und die Leut sind nicht durchweg schlecht. Da gibt es das schwarze Eichsfeld als wäre weder Kommunismus noch Kapitalismus je erwacht, da gibt es nicht etwa 80% AfD sondern ein paar Prozente vor der CDU und selbst ein SPD-Direktkandidat ist nur knapp gescheitert. Und auch wenn Thüringen ein schönes Land mit viel Geschichte ist, so hängt das Wohl und Wehe nicht daran höchstens an Blau und Weiss nur Carl Zeiss... Ich würde mir vor allem weniger vom Selben wünschen. Nicht das sture wiederholen der immer gleichen Buzzwords: Vielfalt, bunt, Toleranz, Offenheit... Da war Thüringen vielleicht nie Weltmeister. Radikalinskis wie Luther, Schiller und Geheimpolizist Goethe gab es schon früher und die Wälder waren immer rauh und groß. Aber Thüringen steht auch dafür aus der Kleinheit etwas zu machen und sei es auch nur viele Theater oder Gold aus dem Eisbach oder dem Eiskanal zu fischen oder Lupen für den besseren Blick zu schleifen. Und gibt's Bratwurst und Klöße, dann schaut auch der größte Wutbürger gerührt vom Inselsberg bis zur Goldenen Aue und die Fränkische leuchtet im Abendschein. Vielleicht wäre es ein guter Zeitpunkt auf Gott und die Menschen zu vertrauen ehe über allen Gipfeln Ruhe einkehrt?