Dietmar Woidke hat hoch gepokert – und gewonnen. Der brandenburgische SPD-Ministerpräsident hatte sich im Vorfeld der Landtagswahlen festgelegt, nicht mehr anzutreten, sollte die AfD stärkste Kraft werden. Nach dem vorläufigen Endergebnis hat die SPD das Rennen mit 30,9 Prozent gewonnen und die AfD mit 29,3 Prozent auf Platz 2 verwiesen. 

Umfragen sahen Letztere bis kurz vor der Wahl noch eine Nasenlänge vorne. Augenscheinlich geht das Plus für die SPD aber nicht zulasten der AfD. So etablierte sich das Bündnis Sahra Wagenknecht mit 13,5 Prozent als drittstärkste Kraft, während die CDU mit 12,1 Prozent nur den vierten Platz innehat. Hier rächt sich, dass die Union sich noch kurz vor der Wahl klar für ein Votum pro Woidke aussprach und nicht die eigene Liste in den Mittelpunkt rückte. Aus dem Landtag geflogen sind der bisherige Koalitionspartner Die Grünen sowie Freie Wähler und Die Linke.

Um ein Kabinett zu bilden, reichen Woidke nun nicht mehr die Prozente der CDU. Königsmacher wird, wie schon in Sachsen und Thüringen, damit das BSW, das dort ebenfalls drittstärkste Kraft wurde. Aus Sicht der CDU ist das zwar ein Desaster – angesichts des Aufholens der AfD, gegen die ebenso wie gegen den SED-Nachfolger Die Linke ein Unvereinbarkeits­beschluss besteht, ist das BSW trotzdem ein Segen, kann man mit ihm zumindest Koalitionen schließen und sich die Macht erhalten. 

Und um die scheint es im Osten fast ausschließlich zu gehen. In Thüringen und Sachsen werden koalitionspolitische Klimmzüge unternommen, die einem politischen Harakiri gleichen. Neuerdings sprechen die Ampelparteien und die CDU von sich als Parteien der "demokratischen Mitte", in der in Thüringen auch die Linke geduldet ist. Konservative Wähler, die in Sachsen und Thüringen nicht der rechten AfD die Stimme geben wollten, sondern der CDU, bekommen nun fragile Bündnisse, gegen die die "Vernunftehe" von SPD, Grünen und FDP im Bund wie ein Kaffeekränzchen wirkt.

Was der größere Schaden für die Demokratie ist – das Erstarken einer zum Teil rechtsextremen Partei oder ein Klüngeln um Macht bei Preisgabe eigener Standpunkte –, scheint nach den Landtagswahlen im September wie das Entscheiden zwischen Pest oder Cholera. 

Auf der Strecke bleiben – wieder einmal – die Themen, die Menschen dazu bewegen, jeweils rund die Hälfte der Stimmen zwei Parteien zu geben, die an den jeweils äußersten Rändern des politischen Spektrums stehen. In der "demokratischen Mitte" wird’s also langsam recht einsam.

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