Wenn Pfarrerin Anja Fuchs auf die drei schwebenden Skulpturen als Same, Spross und Frucht im Altarraum blickt, kommt sie ins Schwärmen. Die südkoreanische Künstlerin Younghun Lee hat aus verschiedenen gebrauchten Textilien Sinnbilder für Sohn, Vater und Heiligen Geist gestaltet.
"Eine Vater-Figur als aufplatzenden Samen, der sich in der Welt verteilt, die Christus-Figur, als Kreuz erkennbar, als erste Frucht der Auferstehung und die Geist-Figur als erste Frucht des Glaubens", beschreibt Lee ihre Werke. "Sie sind nicht statisch, sondern offen, machen neugierig darauf, wie das Leben weiter geht", meint Fuchs. Und sind bunt, passend zu den Farben der Dreieinigkeitsfenster, die schon seit der Eröffnung der zwischen 1900 und 1903 gebauten Kirche strahlen.
Sie sind geblieben, so wie der Kirchenraum als solcher immer noch vertraut wirkt, auch wenn sich hier einiges geändert hat. Die Bankreihen sind verschwunden. Wo sie standen, erstreckt sich Parkettboden, unter dem eine Fußbodenheizung liegt, die wie auch die weiteren Wärmequellen an der Wand im Chorraum oder unter den seitlichen Fenstern sowie an der Decke im Eingangsbereich von Fernwärme gespeist werden.
"Bald werden hier Stühle stehen, die dann auch je nach Gottesdienst- oder Veranstaltungsform im Raum verteilt werden können. Wir können einfach viel machen", sagt Fuchs, die im Februar 2023 mitten während der Umbauarbeiten ihren Dienst begonnen hat. "Ich habe da wirklich Lust drauf", freut sich die Pfarrerin.
Verein gegründet
Die hatte auch ihr Vorgänger Peter Bielmeier, der vor neun Jahren aus der Not einer drängenden Sanierung eine Tugend machen wollte und im ohnehin für sein reichhaltiges und abwechslungsreiches kulturelles Leben bekannten Gostenhof eine Kulturkirche ins Spiel brachte. Und auch wenn er schon seit zwei Jahren im Ruhestand ist – Bielmeier ist Vorsitzender des neu gegründeten Vereins "Kultur und Kommunikation in Dreieinigkeit" und fungiert quasi als Eventmanager für das Programm, das ab dem 4. Oktober in die Kirche einladen soll.
Darunter Konzerte von Jazz über Klassik bis Pop, Kinder- und Erwachsenentheater oder auch ein Filmmusikabend mit Orgel, Synthesizer und Saxophon. Die Akustik mit einem leichten, aber nicht zu langem Nachhall ist nach wie vor wie geschaffen für Musik und das Ergebnis intensiver Arbeit von Experten, wie sie auch beim Heizkonzept zum Einsatz kamen. Im kommenden Jahr wird auch das Musikfest ION hier einziehen und eine Veranstaltung anbieten.
Für den gesamten Stadtteil
Bisher war die Egidienkirche die einzige als solche ausgewiesene Kulturkirche in Nürnberg. "Die Dreieinigkeitskirche wird dabei vor allem Kulturkirche für den Stadtteil sein, während sich St. Egidien als Kulturkirche für die ganze Stadt versteht und auch in den Künstler und Zielgruppen anders aufgestellt ist", beschreibt der Nürnberger Stadtdekan Jürgen Körnlein das Projekt.
Grenzen gibt’s in Gostenhof fast keine: "Nur Fasching und Disco bleiben draußen. Es ist ja immerhin noch eine Kirche", sagt Bielmeier. Und eine viel hellere als zuvor. Die freitragende Kastendecke und die Orgelempore wurde aufgehellt, eine neue Empore für die Gäste aus Holz eingebaut – tiefer als die vorige, wodurch mehr Licht in das Kirchenschiff strahlt.
Im Inneren des Riesenmöbels findet sich einerseits Stauraum, aber auch eine kleine Küche. Hier soll zwar kein Essen zubereitet, aber angerichtet werden können. "Für Anlässe von der Taufe bis zum Leichenschmaus. Die Menschen können nach dem Gottesdienst einfach gleich hierbleiben", meint Fuchs.
Fünf Millionen Euro verbaut
Die "Kulturkirche GOHO", wie sie jetzt heißt, bleibe weiterhin Heimat und Zentrum der Pfarrei Dreieinigkeitskirche und Seeleinsbühl-Leyh, in der auch Künstlerin Younghun Lee zuhause ist. Sie wird in einem nächsten Schritt noch einen neuen Altar, Ambo und Taufstein schaffen – auch wieder bunt, in ungewöhnlicher Form und vor allem flexibel im Kirchenraum verschiebbar. Zum Beispiel in den nördlichen Eingangsbereich, der nun ebenfalls mehr Licht hat und als Taufkapelle fungieren kann.
Rund fünf Millionen Euro hat der Umbau der Dreieinigkeitskirche zur Kulturkirche gekostet. Etwa die Hälfte der Kosten übernimmt die Landeskirche. Um die restlichen Kosten zu decken, war bereits ein altes Pfarrhaus verkauft worden, zudem schießt das Dekanat Nürnberg gut 100.000 Euro dazu.
"Dass sich die Kirchengemeinde derart konsequent für den Stadtteil öffnet, begeistert auch den Dekanatsausschuss", ergänzt Jürgen Körnlein. Weitere Kulturkirchen seien nicht in Planung. "Das heißt aber nicht, dass nicht hier oder dort noch Kirchen mit einem speziellen Profil im Sozialraum oder sogar für die ganze Stadt entstehen könnten", so der Stadtdekan weiter.
Eröffnungswoche
Erste Eindrücke bietet die Eröffnungswoche vom 4. bis zum 13. Oktober (Programm unter www.kulturkirche-goho.de).
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