Diesen Freitag (13. September) erscheint ein neuer Band der weltbekannten Kinderbuchreihe über das Sams von Schriftsteller Paul Maar. "Das Mini-Sams ist weg", heißt der zwölfte Band und darin erzählt der in Schweinfurt geborene und in Bamberg lebende Autor eine Geschichte "mit dem kleinsten aller Samse, dem Mini-Sams".
Ob es die letzte Sams-Geschichte sein wird, da will sich der 86-jährige Autor nicht festlegen, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Überhaupt: Er hat noch viele Projekte auf dem Schreibtisch.
Herr Maar, demnächst bekommen Sie ihr eigenes Museum – ein tolles oder auch ein seltsames Gefühl?
Maar: Es ist irgendwie beides. Vor allem aber ist es ein Hochgefühl. Welchem Künstler geschieht das denn schon, dass er noch zu Lebzeiten ein eigenes Museum bekommt? Die meisten sind ja schon lange Jahre tot. Ich kann "mein" Museum mitgestalten, ich weiß, was hineinkommt und was nicht. Das ist ein gutes Gefühl!
Sie sind der wohl bekannteste deutsche Kinderbuchautor. Wie schafft man es, bodenständig zu bleiben?
Das fällt mir eigentlich nicht schwer. Ich stehe mit beiden Beinen auf dem Boden und lasse mich nicht blenden. Ich habe meine ganzen Preise, die Orden und Ehrenzeichen, die ich irgendwann bekommen habe, in einer Schuhschachtel auf dem Fensterbrett stehen. Ich muss das nicht herumzeigen.
Viel wertvoller sind mir die vielen Kinderbriefe, die ich pro Woche bekomme und die mir Freundliches zu meinen Büchern schreiben!
In wenigen Tagen erscheint ihr zwölftes Sams-Buch. Wird es dieses Mal wirklich das Letzte sein?
Ich will mich da noch nicht festlegen! Die neue Hauptperson ist diesmal ja nicht das Sams, sondern das Mini-Sams. Das hat mit seinem Strampelanzug etwas Frühkindliches an sich – es hat immer seinen Daumen im Mund und nimmt ihn nur heraus, um zu sagen: "Ich hätte da mal eine Frage!" Die Fragen sind immer etwas merkwürdig und dann erlebt es ein Abenteuer.
Ich habe rund 20 Mini-Sams-Geschichten geschrieben, die alle noch nicht veröffentlicht sind. Ob es noch einmal ein Buch mit dem Original-Sams gibt, werden wir sehen.
Herr Taschenbier aus dem Sams ist mit Ihnen gealtert – welche Gemeinsamkeiten gibt es mit Ihnen?
Herr Taschenbier war in seiner frühen Zeit ein sehr schüchterner Mensch – das trifft auf mich schon auch zu. Meine Frau Nele war Herrn Taschenbiers Frau März, die ihn genauso vorangebracht hat, wie meine Frau Nele mich. In den letzten Sams-Geschichten ist Herr Taschenbier mittlerweile nicht nur Vater, er ist sogar schon Opa.
Sein Sohn Martin ist verheiratet, lebt allerdings in Australien und ist Schafzüchter. Außer, dass ich selbst auch Großvater bin, gibt es keine weiteren Gemeinsamkeiten zwischen meiner Figur und mir.
Sie haben schon oft etwas zur Lesefähigkeit und -lust der Kinder gesagt – was ist ihr aktueller Eindruck?
Besser geworden ist es in den vergangenen Jahren sicher nicht. Ich hatte erst vor kurzem wieder eine Lesung in einer Grundschule in Münster. Da saßen 200 Kinder – und ich habe gefragt, wer ein Buch zu Hause hat. Also, es ging nicht einmal ums Lesen, sondern nur ums Besitzen. Kein einziges Kind hat sich gemeldet!
Das war auch für mich erschreckend. Das Sams kannten sie auch nur aus dem Kino oder Fernsehen. Nicht, dass mich das heute noch schockieren würde, aber selbst die geringe Zahl der Lese-Kinder sinkt weiter.
Das klingt ziemlich resigniert. Kann man denn da gar nicht gegensteuern?
Naja, es gibt nach wie vor lesende Kinder. Das sieht man ja nicht zuletzt auch an der Zahl verkaufter Bücher. Aber es werden weniger und weniger. Solche Lesungen wie die in Münster sollen Nicht-Leser ja dazu motivieren, doch einmal ein Buch in die Hand zu nehmen, weil sie eine Autorin oder einen Autor kennengelernt haben - aber letztlich glaube ich, dass die Wirkung überschaubar ist.
Kinder brauchen Lese-Vorbilder, vor allem in ihrem privaten Umfeld. Und wenn es die nicht gibt, läuft die meiste Leseförderung eher ins Leere.
Zum 80. Geburtstag haben Sie erzählt, dass Sie sich bald einen eigenen Grabplatz aussuchen wollen...
Ja, das habe ich. Unter einem Ginkgobaum auf dem städtischen Friedhof in Bamberg.
Mit 86 Jahren ist die eigene Vergänglichkeit ja durchaus präsent. Haben Sie Angst vor dem Tod?
Nein, gar nicht. Ich wünsche mir nur, dass mir eine lange Krankheit vor meinem Tod erspart bleibt. Am liebsten wäre es mir, ich würde mich hinsetzen und einschlafen - oder aufstehen und tot umfallen. Irgendwie kurz und schmerzlos. So ein plötzlicher Tod ist für die meisten Angehörigen vermutlich schrecklich, weil man sich eben nicht verabschieden kann. Aber für den Betroffenen ist das sicher besser als ein langes Leiden.
Wie viele Projekte hat man im fortgeschrittenen Alter noch in Planung – und mit welchem Vorlauf?
Ziemlich viele, zumindest ist das bei mir so. Ich muss ja nichts mehr, ich kann und darf alles machen, worauf ich Lust habe. Auf meinem Schreibtisch liegende Dutzende Zeichnungen vom Mini-Sams. Außerdem habe ich gerade erst wieder ein Buch für Erwachsene geschrieben, "Lorna" - darin wird quasi das ganze Leben einer jungen Frau erzählt, die am Schluss eine bipolare Störung hat und in der Psychiatrie landet. Was ich gerne noch umsetzen würde, ist ein Buch, mit allen Märchen, die ich mal geschrieben habe.
Sie haben sich in mehreren Büchern mit Flucht beschäftigt. Wie bewerten Sie den aktuellen Rechtsruck?
Der bereitet mir natürlich schon ein bisschen Sorge. Ich will aber auch die Menschen, die beispielsweise AfD wählen, nicht alle über einen Kamm scheren – ja, da sind Rechtsextreme darunter, keine Frage. Aber sicher nicht alle.
Diese Partei hat sich in den ostdeutschen Bundesländern neben ihrem rechtspopulistischen bis teils rechtsextremen Programm eine Art Kümmerer-Status erarbeitet. Sie machen dort Angebote, die es sonst nicht gibt. Davon lassen sich manche Menschen natürlich verführen. Ich finde das nicht gut, aber so ist es wohl.
Haben Sie nach den letzten Wahlerfolgen der AfD in Thüringen und Sachsen Sorge um die Demokratie?
Eigentlich nicht. Ich denke, die deutsche Demokratie ist mittlerweile schon so stark, dass sie nicht durch einen Wahlerfolg der AfD plötzlich verschwindet.
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