Frau Winkel, warum schreiben Sie ein Buch?

Julia Winkel: Bisher habe ich meine Texte einzeln über Social Media geteilt. Mit dem Buch habe ich nun die Möglichkeit, die Texte zu bündeln und diese in Papierform zugänglich zu machen. Selbst im digitalen Zeitalter ist für mich ein Buch etwas Ansprechendes und Besonderes. Mit den Texten bringe ich mit Worten in kreativer Weise das zum Ausdruck, was mich berührt oder zum Nachdenken gebracht hat. Das Schreiben bringt den Vorteil mit sich, dass ich dabei meine Gedanken strukturieren kann. Zudem setze ich mich automatisch mit dem Inhalt, über den ich schreibe, tiefer auseinander – wie bei einem meiner Texte über das Wort "Vertrauen". Es ist nur ein Wort, aber eines mit so viel Tiefe: Wie kann ich Vertrauen beschreiben? Wie zeigt sich Vertrauen? Wo kann Vertrauen herausfordern? usw. Mit meinen Texten möchte ich grundlegend Menschen ermutigen und inspirieren. Die Texte teile ich öffentlich, weil ich damit etwas Positives und Schönes zum Leben beitragen möchte.

Worin kennzeichnen sich Poetry Texte gegenüber klassischen Gedichten aus?

Aus meiner Sicht sind es längere Texte, die freier in der Gestaltung und in der Form sind. Besonders deutlich wird das beim bekannten Format Poetry Slam. Das ist ein Wettbewerb, in dem Teilnehmende eigene Poetry-Texte in einer vorgegebenen Zeit vortragen. Die Lautstärke des Applauses der Zuhörenden entscheidet, wer gewinnt.

Inwiefern beeinflusst Ihre Arbeit Ihre Poesie?

Meine Texte greifen immer wieder Glaubensthemen auf, mit denen ich auch als Religionspädagogin in der Schule in Berührung komme. Manchmal inspiriert mich ein Inhalt bei den Vorbereitungen der Religionsstunden, beispielsweise bei der Planung zur Abrahams-Einheit. In der Vorbereitung hat mich die Geschichte motiviert, in der Gott Abraham so viele Nachkommen wie Sterne am Himmel verspricht (Gen 15,1-6), einen Poetry-Text dazu zu verfassen. Manchmal inspirieren mich auch Fragen der Schülerinnen und Schüler oder Situationen im Schulalltag.

Worte fließen einfach heraus

Sind Ihre Texte Ausdruck von spontaner Inspiration oder eher das Ergebnis harter Wortschliff-Arbeit?

Die Worte fliesen bei den allermeisten Texten einfach aus mir heraus. Ich habe eine Schreib-App am Handy, falls mir unterwegs ein Gedanke kommt, den ich festhalten möchte. Zuhause liegen Stift und Notizbuch griffbereit. Es kommt aber auch vor, dass ich einen Text schreibe und den erst einmal so stehen lasse. Nach einiger Zeit überarbeite ich den Text noch einmal, in dem ich ihm eine Struktur gebe, Sätze umschreibe und eine Pointe setze. Das fühlt sich für mich aber nicht nach harter Wortschliff-Arbeit an. Anders ist es bei Texten, die ich nicht aus mir selbst herausschreibe. Immer wieder bekomme ich Anfragen, zu bestimmten Themen und Anlässen Texte zu verfassen. Dafür nehme ich mir mehr Zeit, um erst einmal Ideen zu sammeln, eine Struktur zu finden, sorgfältig Worte zu wählen und diese in einem Text passend anzuordnen. Das ist natürlich in dem Sinne mehr "Arbeit", aber es bereitet mir genauso viel Freude.

Warum haben Sie die Plattform Story.one für Ihr Büchlein gewählt und wie funktioniert das?

Story.one ist eine Plattform, die es Menschen ermöglicht, unkompliziert und ohne hohe Auflagen ein Buch zu veröffentlichen. Man braucht bei Story.one keine Vorkenntnisse oder Empfehlungen. Das Thema des Buches ist frei wählbar, die Gestaltungsmöglichkeit ist groß. Zudem bietet die Plattform auch Vernetzungsmöglichkeiten und Austausch mit anderen Autoren und Autorinnen. Durch die Partnerschaft mit Thalia besteht die Chance, ab einer gewissen Anzahl an verkauften Büchern auch im Buchladen vor Ort im Bestand zu sein.

Story.one steht für mich also für viel Freiheit. Und die Plattform bietet für Anfänger und Anfängerinnen eine gute Möglichkeit, erste Erfahrungen zu sammeln und auch überhaupt ein Buch unkompliziert zu veröffentlichen. Die Plattform ist einfach und übersichtlich gestaltet. Zur Nutzung ist eine kostenfreie Registrierung erforderlich. Und dann kann man direkt mit dem Gestalten des Buches loslegen: Coverbild, Titel, Autoreninfos, Buchtext etc. Wenn die Endfassung steht, schickt man das Buch ab. Es wird geprüft und dann bei Genehmigung zum Verkauf freigegeben. Mich hat die Plattform angesprochen und überzeugt. Story.one hat in Kooperation mit Thalia einen Wettbewerb veranstaltet, in dem Rahmen ich mein Buch eingereicht habe und es kostenfrei veröffentlichen durfte.

Woher stammen die Bilder?

Die Bilder in meinem Buch sind zum Teil von mir selbst gemacht. Zum Teil habe ich auch Bilder von Story.one verwendet, die von "unsplash" zur Verfügung gestellt werden. Man muss jedoch keine Bilder verwenden. Es gibt auch die Möglichkeit, vor den einzelnen Kapiteln ein Zitat einzufügen. Ich habe mich für die Bilder entschieden, um den Texten noch einen anderen Ausdruck zu verleihen.

Stetiger Austausch mit Gott

Ein roter Faden durch die Text mag Ihr Wunsch sein, den Lesern Mut zuzusprechen. Warum ist Ihnen gerade das so wichtig?

Die letzten Jahre waren von so vielen Krisen und Kriegen geprägt, die eine Flut von erschütternden und schlechten Nachrichten mit sich gebracht hat. Die Nachwirkungen sind noch heute deutlich zu spüren. Und es kommt immer wieder neues Leid dazu. Auch in meinem privaten und beruflichen Umfeld nehme ich vermehrt Sorgen, Nöte und Ängste sowie persönlichen Krisen, Herausforderungen und Schicksalsschläge wahr.

Und genau hier ist es mir so wichtig, Mut zuzusprechen, weil er meiner Ansicht nach mehr denn je gebraucht wird und wir allen Grund dazu haben: Wir haben einen Gott, der sagt: "Ich bin das Licht der Welt!". Wir haben einen Gott, dem nichts unmöglich ist und der an uns glaubt. Wir haben einen Gott, der uns liebt und der uns Hoffnung auf ein gutes Leben mit ihm in Ewigkeit schenkt. Und diese Hoffnung treibt mich an. Ich will davon erzählen und gute Worte weitergeben.

ichtig sind mir auch die Ermutigungen im Alltäglichen, auch dort das Positive und Gute wahrzunehmen. Ich will damit auf keinen Fall sagen, dass dadurch alles gut ist. Manches Leid ist und bleibt unverändert. Manchmal fehlen mir auch einfach die Worte. Und manches lässt sich meiner Meinung nach auch nicht erklären. Trotz dem will ich ermutigen, immer wieder neu auf Gott zu vertrauen und neue Schritte zu wagen. Ich habe selbst erlebt, wie gut mir hoffnungsvolle und ermutigende Worte tun und Menschen und Situationen verändern können.

Manche Texte können auch als Gebet verstanden werden. Inwieweit ist Ihre Textsammlung eine bewusst geistliche?

Der Glaube an Gott ist fester Bestandteil meines Lebens. Daher ist er immer wieder Gegenstand meiner Texte. Ich ziehe daraus meine Zuversicht, die ich auch an andere weitergeben möchte. Für mich bedeutet Glaube auch immer Austausch mit Gott. Dort wird Gott für mich persönlich erfahrbar. Und auch das sind Erfahrungen und Gedanken, die Platz in meinem Texten haben. Die Form des Gebets drückt für mich manchen Inhalt am Besten aus. Diese Form bietet auch die Möglichkeit, dass die Texte zu eigenen Gebetsworten werden können, vor allem, wenn man selbst keine hat. Die meisten Texte im Buch haben einen Bezug zum Glauben, auch wenn es nur ein Wort oder eine Zeile ist. Wenn meine Textsammlung Musik wäre, bestünde sie aus dem Dreiklang  "Glaube", "Natur" und "Leben", wovon der geistliche Teil den Grundton bildet.

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