Es war eine gute Entscheidung, dass sie sich in München in den Flieger gesetzt haben und nach Namibia geflogen sind. "Man spürt hier die ganze Wucht und Kraft der Reformation", sagt der Oberhachinger Pfarrer Karsten Schaller. Susanne-Katrin Heyer, Pädagogische Leiterin der Evangelischen Stadtakademie Nürnberg, nickt. Man spüre hier ganz stark die weltweite Gemeinschaft, "ein bisschen wie beim Kirchentag".

Schaller und Heyer sind Teil der bayerischen Delegation, die an der zwölften Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Windhuk teilgenommen hat. Die siebentägige Konferenz geht an diesem Dienstag zu Ende. Am Mittwoch nehmen der neugewählte Präsident und Rat seine Arbeit auf. Rund 800 Teilnehmer aus aller Welt waren nach Windhuk gereist. Der LWB repräsentiert nach eigenen Angaben mehr als 74 Millionen Lutheraner in 145 Mitgliedskirchen in 98 Ländern.

Die Pädagogische Leiterin der Evangelischen Stadtakademie Nürnberg, Susanne-Katrin Heyer, und der Oberhachinger Pfarrer Karsten Schaller bei der Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes in Namibia.

Die Tagungen im Safari Court Hotel beginnen jeden Tag mit einem Gottesdienst. Ein Chor und eine Band zusammengewürfelt aus Teilnehmern aus aller Welt spielen Lieder aus Hong Kong, Tahiti, Ungarn, Deutschland oder Südafrika. Weiter geht’s dann mit der eigentlichen Tagung, die unter dem Motto "Befreit durch Gottes Gnade" steht und sich schwerpunktmäßig Erlösung, Menschen und Schöpfung widmet. Dazwischen gibt es Workshops und eine Art "Markt er Möglichkeiten", bei dem man Menschen von überall her treffen kann - wie beim Kirchentag eben.

Einer der Höhepunkte ist für Pfarrer Schaller die Wahl des neuen Präsidenten. Der nigerianische Erzbischof Musa Panti Filibus ist es am Samstag geworden, als zweiter Afrikaner überhaupt – für Schaller ein beeindruckendes Erlebnis. "Die Freude der afrikanischen Teilnehmer über die Wahl war irre." Für Susanne-Katrin Heyer wiederum ist es erstaunlich, wie selbstbewusst und selbstverständlich Frauen ihre Rolle im LWB einnehmen. Und dass das Thema Frauen so offensiv behandelt wird.

Special

Lutherischer Weltbund (LBW) - Vollversammlung in Namibia

LogoDer Lutherische Weltbund (LWB) trifft sich vom 10. Mai bis 16. Mai zur Vollversammlung in Windhuk (Namibia). Unsere Redakteurin Christiane Ried berichtet live aus Namibia. In unserem Dossier finden Sie alle aktuellen Artikel zum Thema: www.sonntagsblatt.de/weltbund

 

 

 

Und dann war da auch noch die große Gedenkfeier zu 500 Jahre Reformation im Sam-Nujoma-Stadion am Sonntag: ein Gottesdienst mit bis zu 9.000 Besuchern, der nach rund vier Stunden in sengender Hitze in einer großen Party endete. Hunderte Besucher tanzten und sangen nach dem Gottesdienst einfach weiter. Dieses Gefühl des "Eins-Seins" sei bewegend gewesen, sagen Schaller und Heyer. Kardinal Kurt Koch fragte: "Glaubst du an Gott, den Vater?", aus dem Stadion hallte es lautstark zurück: "Ja, ich glaube an Gott, den Vater!" In Deutschland murmle das eher vor sich hin, hier in Namibia habe eine "wahnsinnige Wucht" dahintergesteckt, sagen die beiden.

Ohnehin Namibia: Die Freude und Dankbarkeit über die Unabhängigkeit des Landes 1990 spüre man noch deutlich, finden Schaller und Heyer. "In Deutschland dagegen vergessen wir diesen Schatz der Wende immer mehr. Auch wir Deutsche sind befreit worden." Dass die Wiedervereinigung friedlich vonstattengegangen sei, sei ein "Geschenk sondersgleichen, das wir viel zu wenig wertschätzen".

Ein Teil der bayerischen Delegation bei der Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes in Windhuk, Namibia.

Auch der Leiter der rund 15-köpfigen Delegation, Oberkirchenrat Michael Martin, ist zufrieden. Bei solchen Tagungen werde deutlich, "dass wir wirklich zu einer weltweiten Kirche Christi gehören". Die Erfahrungen aus Namibia müssten jetzt auch an die bayerische Kirchenbasis weitergegeben werden, denn sie seien so etwas wie "Augenöffner", sagt der bayerische Delegierte.

Auch eine weitere bayerische Delegierte, Synodenpräsidentin Annekathrin Preidel, will das Erlebnis "weltweite Kirche" weitergeben, unter anderem bei der nächsten Tagung der bayerischen Landessynode im November. Der Horizont weite sich bei solch internationalen Kirchentreffen. Man lerne neue Menschen kennen, und es gebe keine Berührungsängste. Das sei eine "wunderbare Erfahrung" für sie in Namibia. Für Preidel ist es die erste Reise nach Namibia.

"Ein faszinierendes Land, landschaftlich natürlich toll." Namibia leide aber auch sehr unter Wassermangel. Sie habe daher wieder ein neues Bewusstsein für so etwas Grundlegendes wie Wasser bekommen. Karsten Schaller und Susanne-Katrin Heyer jedenfalls sind dankbar für ihre Reise ins südliche Afrika. Sie hätten viel "Rückenwind" für ihre Arbeit in den Gemeinden oder in der Stadtakademie bekommen. "Wir fühlen uns gerade wie getragen."