"Wir haben ein Recht auf anständige Nahrung und Bildung", stellt der Coburger Öko-Landwirt Dietrich Pax fest. Er sitzt in einer Podiumsrunde der Evangelischen Stadtakademie Nürnberg unter der Überschrift "Wie schmeckt unsere Zukunft? - Ernährung von morgen".

Bio-Bauer fordert mehr Engagement für arme Menschen

Der Bio-Bauer verlangt mehr Engagement von Städten und Gemeinden, damit arme Menschen nicht nur "nach Kassenlage" satt werden. Pax selbst betreibt in einem prekären Coburger Stadtteil einen kleinen Supermarkt. Weil die Stadtverwaltung das Projekt mit monatlich rund 1.000 Euro unterstütze, könne er seine Bio-Lebensmittel entsprechend günstiger an die Anwohner verkaufen.

Demnächst plane er in seinem Laden die Aktion "Brot am Haken", erzählt der Landwirt. Kunden, die es sich leisten können, bezahlen zwei Brote, nehmen aber nur eines mit - das andere ist dann kostenlos für Bedürftige.

"Wir werden die Welt so nicht retten, aber wir sind ein kleiner Baustein."

Wegen der hohen Lebensmittelpreise könnten sich derzeit viele Menschen eine gesunde Ernährung nicht leisten, erklärt auch Elke Bollmann, stellvertretende Vorsitzende des Vereins Tafel Bayern mit 176 Standorten. Die Diskussion über nachhaltigere Lebensmittel ist aus Sicht der Tafeln ein "Luxusproblem". Man könne zwar mit 6,50 Euro Sozialleistungen für Essen pro Tag überleben, aber auch nicht mehr. Das Budget reiche, um zwei Wochen lang gesunde Hülsenfrüchte und Gemüse zu essen.

"Aber ab der dritten Woche gibt es wieder billiges Toastbrot oder Nudeln mit Ketchup."

Die Tafel-Vorständin stellt fest, dass Supermärkte und Discounter weniger Lebensmittel aussortierten und an die Tafel spendeten. Das wiederum wirke sich unmittelbar auf Menschen mit Bürgergeld aus, die sich mittlerweile auf einer immer länger werdenden Warteliste bei der Tafel wiederfinden. Weil sich durch die Inflation die Grundlebensmittel deutlich verteuert hätten, ist Bollmann besorgt:

"Menschen mit wenig Einkommen werden immer weiter aus der Gesellschaft ausgegrenzt."

Bollmann hat in Erlangen ein Quartiersprojekt entwickelt, um mit Tafel-Kunden das Selber-Kochen zu üben. Familien bekommen dann die Rezepte mit Bildfolgen und in mehreren Sprachen. Eine erste Beobachtung bei diesem Projekt: "Kinder sind in den Familien die Treiber." Deshalb fordert sie, in den bayerischen Schulen Hauswirtschaft und Kochen als Schulpflichtfach einzuführen.

Fünf Supermärkte kontrollieren den Lebensmittelmarkt

Sabine Hafner von der Bayreuther Kommunalberatung KlimaKom erinnert daran, dass in Deutschland fünf Supermarktketten 90 Prozent des Lebensmittelmarktes kontrollieren. "Eine freie Wahl beim Einkauf nachhaltiger Lebensmittel ist nicht gegeben", bremst sie zu große Euphorie beim Wandel zu anderen Essgewohnheiten.

Ein wesentlicher Baustein für die Ernährung der Zukunft ist für sie eine "Rückverlagerung der Wertschöpfung in die Regionen." Mit Unterstützung von Kommunen sollten Landwirte für den regionalen Bedarf das produzieren, was vor Ort weiterverarbeitet, verkauft und verzehrt wird. "So kommen wir zu regionaler Ernährungssouveränität", sagt Hafner.

Landwirt Pax sieht die biologische Landwirtschaft als zentrale Antwort auf Klimawandel, steigende Weltbevölkerung und wachsendes Artensterben. Selbst die Lebensmittelverschwendung lasse sich mit nachhaltigen Anbaumethoden und Direktvermarktung reduzieren. Krumme Karotten oder Gurken, die der konventionelle Handel nicht verkaufen und auf dem Feld unterpflügen lassen würde, verkauft er über seine Gemüsekiste oder in seinem Laden.

Jährlich würden in Deutschland Lebensmittel für 21 Milliarden Euro konventionell erzeugt, die sich zwar günstiger als Bioprodukte in den Regalen der Supermärkte wiederfinden. Der Haken daran aber sei: "Gleichzeitig entstehen 90 Milliarden Euro Umweltschäden, die die Allgemeinheit zahlen muss".

Er fordert, bei der Produktion und dem Transport entstehendes CO2 stärker zu besteuern. Blaubeeren aus Peru könnten dann nicht billiger als heimisch erzeugte Früchte angeboten werden. Mit dem höheren Preis wäre jedenfalls der große CO2-Rucksack, den sie dabeihätten, "bei jeder kleinen Schale sichtbar".

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