Bei der Wahl in Sachsen ist das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit 11,8 Prozent als neue Partei drittstärkste Kraft geworden. In Thüringen kam es sogar auf einen Anteil von 15,8 Prozent und in Brandenburg laut ersten Hochrechnungen am Sonntagabend auf gut 12 Prozent. 

Das BSW ist eine Partei rund um die ehemalige Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht, die erst im Januar 2024 gegründet wurde und deren offizielles Programm bislang aus wenigen PDF-Seiten besteht. Für diesen Artikel wurde das Programm der Partei zur anstehenden Landtagswahl in Brandenburg am 22. September analysiert.

Parteiprogramm des BSW

Das Wahlprogramm wird mit einem Vorwort von Wagenknecht eingeleitet, danach folgen fünf Überpunkte:

  • Frieden
  • Sicherheit, Bürgernähe und freie Meinungsäußerung
  • Soziale Gerechtigkeit
  • Bildung
  • Wirtschaftliche Vernunft

Auf den ersten Blick fällt auf, dass das Themenfeld Familie nicht gesondert erwähnt wird. Der Begriff Familie kommt im gesamten PDF nur zweimal vor, beide Male im Vorwort von Sahra Wagenknecht.

Familie 

Zuerst im Zusammenhang mit einer Ausführung der BSW-Politikerin, dass Deutschland sozial und politisch gespalten sei:

"Denn die Politik der Bundesregierung, die die Sorgen und Nöte der Bürger und Familien offenkundig vielfach noch nicht einmal kennt, zerstört das Vertrauen in den Staat." 

Das zweite Mal taucht das Thema Familie im Rahmen der fünf zentralen Forderungen der Partei für ihr Handeln in Brandenburg auf, die Wagenknecht in ihrem Vorwort zusammenfasst. Dort steht:

"Ihre Stimme für das BSW in Brandenburg ist eine Garantie dafür, dass künftig die Interessen von Familien, Arbeitnehmern, Unternehmern und Rentnern im Mittelpunkt der Politik Brandenburgs stehen."

Das BSW meint also, die Sorgen und Nöte der Familien zu kennen und will sich für ihre Interessen einsetzen – konkret wird die Partei in ihrem Programm allerdings nicht.

BSW-Familienpolitik im Bund

In der Diskussion der Ampel-Regierung um eine Abschaffung des Ehegattensplittings positionierte sich Sahra Wagenknecht dafür klar. Der Berliner Zeitung sagte sie im Juli:

"Die vermeintliche Reform der Steuerklassen zielt vor allem darauf ab, die klammen Kassen des Bundes aufzufüllen. Dass Familienministerin Paus dies als Sprungbrett begreift, um das Ehegattensplitting nach Jahren historischer Belastungen für Familien gleich ganz abzuräumen, ist unverschämt. Normale Familien hierzulande sind schon durch Steuern und Abgaben so hoch belastet wie sonst fast nirgendwo auf der Welt."

Auffällig ist, dass das BSW, ebenso wie übrigens auch die AfD, die Formulierung "normale Familien" verwendet. Er könnte hier allerdings auch auf das Durchschnittseinkommen bezogen sein. Klar ist, dass sich die Wagenknecht-Partei für den Erhalt des Ehegattensplittings einsetzen und somit die Steuerbelastung für verheiratete Paare gering halten will.

Kinder im Parteiprogramm

Um Kinder geht es im Wahlprogramm des BSW für Brandenburg schon häufiger – untergeordnet in den verschiedenen Gliederungspunkten.

Zum Thema Bildung sagt die Partei:

"Es muss wieder so sein, dass alle Kinder unabhängig vom Elternhaus in der Schule ordentlich Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Dies darf nicht davon abhängen, ob ein Kind zuhause mehr oder weniger Unterstützung bei den Hausaufgaben bekommt."

Der Gemeinsinn sowie Zusammenhalt und damit "die Zukunft unseres Landes" seien dadurch gefährdet. Als Maßnahmen fordert das BSW ein Verbot von Tablets und Smartphones bis mindestens zur 4. Klasse sowie eine "Rückbesinnung auf das Erlernen der Kernkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen".

Außerdem will sie ein "konsequentes Genderverbot an Schulen und Behörden" – ohne näher auszuführen, inwiefern ein Genderverbot in diesem Zusammenhang hilfreich sein soll. Bildung, auch die frühkindliche Bildung, müsse zudem kostenfrei angeboten werden, "damit sich Menschen wieder für mehr Kinder entscheiden." Ebenfalls kostenfrei sollte laut BSW das Mittagessen in Kindertagesstätten, Horten und Grundschulen sein sowie der ÖPNVfür Schulkinder sowie Azubis.

Im Unterpunkt "Unkontrollierte Migration stoppen" plant das BSW, Deutschkurse aufzuwerten, denn Sprachkenntnisse seien das A und O für eine gelingende Integration.

"Hier geht Migrationspolitik Hand in Hand mit Bildungspolitik: Wir fordern verpflichtende Deutsch-Tests für alle Kinder ab drei Jahren. Wird bei einem solchen Test festgestellt, dass Defizite bestehen, muss der Besuch einer Kita verpflichtend sein."

In Deutschland besteht keine Kindergartenpflicht, aktuell ist es Eltern freigestellt, ob sie ihre Kinder vor der Schule in Betreuung geben wollen.

Im Kulturbereich schreibt die Partei: "Der frühzeitige und qualifizierte Kontakt von Kindern und Jugendlichen mit allen Künsten ist essenzielle Voraussetzung für ein gelingendes erwachsenes Leben." Kultur spiele in der Entwicklung sozialer Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen eine entscheidende Rolle. 

Auf die Bedürfnisse inklusiver Kinder geht das BSW im Unterpunkt Gesundheit, Pflege und Teilhabe ein: "Das Bündnis Sahra Wagenknecht wird die Weichen für eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe stellen, um Kindern und Jugendlichen mit einer Beeinträchtigung die bestmögliche Unterstützung und Begleitung zu ermöglichen. Es benötigt eine inklusive Ausgestaltung der Kindertageseinrichtungen (einschließlich des Hortbereiches) und ein inklusives Bildungssystem, welches Kindern und Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen ein Lernen entsprechend ihren individuellen Bedarfen erlaubt."

Rolle der Frau

Frauen werden im Wahlprogramm des BSW nur an zwei Stellen explizit genannt. Zuerst im Bereich "Soziale Gerechtigkeit" mit der Aussage "Es mangelt aber auch an Frauenhäusern für von Gewalt bedrohte Frauen" und anschließend im Themenblock "Arbeit" mit dem Hinweis, dass die Lohnschere zwischen Männern und Frauen weiter angeglichen werden solle. Mehr ist über das Frauenbild der Partei bisher nicht bekannt.

Kommentare

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Michael.Hoffma… am So, 15.09.2024 - 10:03 Link

Liebe Larissa Launhardt,
Ihre Darstellung zum Programm des BSWs fand ich sehr ausgeglichen und objektiv. Auch freut es mich, dass das Programm die christilichen Grundwerte unterstützt, wenn das als solches auch nicht benannt wird.
LG, Michael.