Die neugewählte Synode der Evangelisch-reformierte Kirche hat am Freitag mit einer konstituierenden Sitzung in Emden ihre Arbeit aufgenommen. Der stellvertretende Präses der Synode, Jakobus Baumann, verkündete, dass die neue Gesamtsynode mit einem Durchschnittsalter von 46 Jahren die jüngste Synode im Kreise der 20 Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sei. Erstmals gehören dem höchsten Entscheidungsgremium der reformierten Kirche zwölf Delegierte unter 27 Jahren an.
In einem Rückblick erinnerte Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden an die Herausforderungen, der sich die vergangene Gesamtsynode stellen musste. Diese sechs Jahre seien von einer angespannten Weltlage geprägt gewesen, die von der Corona-Pandemie über den Angriff Russlands auf die Ukraine bis zum Terror-Überfall der Hamas auf Israel und den daraus resultierenden Krieg reichte.
Gleichzeitig sei die Kirche mit einem erhöhten Mitgliederschwund und einem Bedeutungsverlust in der Gesellschaft konfrontiert worden, sagte die Kirchenpräsidentin. Dazu gehöre auch die Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt im Bereich der Kirche.
Aktuell beschäftige die reformierte Kirche das disziplinarische Vorgehen gegen einen Pastor im Ruhestand, der mit mehreren Fällen sexualisierter Gewalt in Verbindung gebracht werde. Inzwischen sei ein Bündel an Maßnahmen zur Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt etabliert und eine Beauftragte für sexualisierte Gewalt eingestellt worden.
In einer Video-Botschaft zu Beginn der Tagung hatte die Präses der Synode der EKD, Anna-Nicole Heinrich, die Synodalen zu mutigen Entscheidungen ermuntert: "Wie die Kirche von morgen aussieht, können wir gestalten." Der leitende Theologe der Bremischen Evangelischen Kirche, Bernd Kuschnerus, warb in einem Grußwort für eine engere Zusammenarbeit der beiden "kleinen, aber selbstbewussten Kirchen". Zur Evangelisch-reformierten Kirche mit Sitz in Leer gehören rund 155.000 Mitglieder in 137 Gemeinden zwischen Ostfriesland und dem Allgäu.
Was ist die Evangelisch-reformierten Kirche in Ostfriesland?
Die Evangelisch-reformierte Kirche mit Sitz im ostfriesischen Leer zählt zu den kleineren der 20 Mitgliedskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Zu ihr gehören 137 Gemeinden zwischen Ostfriesland und dem Allgäu mit zusammen 155.000 Mitgliedern. Ihre Wurzeln liegen in der Schweizer Reformation des 16. Jahrhunderts. Zu ihren Vätern zählen die Reformatoren Ulrich Zwingli (1484-1531) aus Zürich und Johannes Calvin (1509-1564) aus Genf.
In reformierten Kirchen gibt es in der Regel keine Altäre, keine Kruzifixe und keine Wandmalereien, weil das biblische Gebot "Du sollst dir kein Bildnis machen" sehr ernst genommen wird. Im Mittelpunkt der Gottesdienste steht die Predigt.
In der reformierten Kirche herrscht überdies ein striktes Gleichheitsprinzip: "Keine Gemeinde darf über eine andere, kein Gemeindeglied über ein anderes Vorrang oder Herrschaft beanspruchen", heißt es in der Kirchenverfassung, die auf der "Emder Synode" aus dem Jahr 1571 fußt.
Die Evangelisch-reformierte Kirche wurde 1882 auf dem Gebiet des heutigen Niedersachsen gegründet, nachdem Kaiser Wilhelm I. den reformierten Gemeinden im damaligen Preußen die Einberufung einer eigenen Synode ermöglicht hatte. 1989 kamen die reformierten Gemeinden aus Bayern hinzu. Später schlossen sich auch die bis dahin eigenständigen Gemeinden in Hamburg, Braunschweig und Göttingen an.
Reformierte Kirchen gibt es - neben lutherischen und katholischen Kirchen - auf allen Kontinenten. Nahezu 230 Kirchen in 108 Ländern weltweit gehören zur Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, die ihren Sitz 2014 von Genf nach Hannover verlegte. Die Zahl der reformierten Christen insgesamt wird auf rund 80 Millionen geschätzt.
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